Im September 2023 hatte ich die Gelegenheit, an einer der bedeutendsten Konferenzen der letzten Jahre zum Thema Taiji und Qi Gong teilzunehmen. Die Konferenz trug den Titel “The Science of Tai Chi & Qigong as Whole-Person Health Conference – Advancing the Integration of Mind-Body Practices in Contemporary Healthcare” und fand in Boston, USA, statt. Veranstalter war die renommierte Medical School der Harvard Universität.

Mit über 300 Teilnehmern aus 12 verschiedenen Ländern und mehr als 30 Referenten, darunter einige der weltweit führenden Wissenschaftler auf ihrem Gebiet, war die Konferenz ein beeindruckendes Ereignis. In den zwei Tagen wurden mehr als 50 verschiedene Vorträge und Workshops angeboten, die ein breites Spektrum an Themen abdeckten.

Diese Konferenz stellt einen Meilenstein in der wissenschaftlichen Anerkennung von Taiji, Qi Gong und Meditation dar. Viele Wissenschaftler waren in der Vergangenheit zögerlich, sich diesen Themen zu nähern, aus Angst, ihren Ruf in der wissenschaftlichen Gemeinschaft zu gefährden. Doch mit über 30.000 vorliegenden Studien zu den Wirkungen von Taiji und Qi Gong hat sich das Blatt gewendet. Die Tatsache, dass eine Institution wie die Harvard Universität Gastgeber einer solchen Veranstaltung war, zeigt, dass der wissenschaftliche Mainstream immer offener für diese Themen wird. Dies ist von großer Bedeutung, da es dazu beiträgt, dass diese Praktiken von einer breiteren Bevölkerungsschicht akzeptiert werden und somit immer mehr den gesellschaftlichen Stellenwert erhalten, den sie meiner Ansicht nach verdienen.

Die Konferenz bot ein breites Themenspektrum: von aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die gesundheitlichen Wirkungen von Taiji und Qi Gong bis hin zur Integration dieser Praktiken in das Gesundheitssystem und neuesten Erkenntnissen über ihre Wirkmechanismen. Es wurde anhand der vorgestellten aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse noch einmal sehr deutlich, wie eng die Verzahnung von körperlichen und geistig-seelischen Prozessen ist und wie wichtig daher eine ganzheitliche Betrachtung des Menschen für eine effektive Gesundheitsfürsorge ist.

Ich hatte die Ehre, zusammen mit unserem Team – bestehend aus Prof. Dr. Johannes Michalak und Dr. Johannes Graser von der Universität Witten-Herdecke – als Referent an der Konferenz teilzunehmen. Wir stellten die Ergebnisse unserer Studien zur Wirkung von Qi Gong Übungen und dem von uns entwickelten Body-Breath and Mind Programm auf Depressionen vor. Unser Angebot umfasste sowohl einen praktischen Workshop als auch einen wissenschaftlichen Vortrag. Die Resonanz war überwältigend, und wir konnten viele spannende Kontakte zu Forschern und Lehrern aus verschiedenen Ländern knüpfen.

 

Unser Team: Dr. Johannes Graser, Prof. Dr. Johannes Michalak und Tobias Puntke

Unser Team: Dr. Johannes Graser,
Prof. Dr. Johannes Michalak und Tobias Puntke

Ein wichtiges Thema der Konferenz war die Herausforderung, eine zunehmend alternde und chronisch gestresste Bevölkerung angemessen gesundheitlich zu versorgen. Das aktuelle Gesundheitssystem vieler Länder steht in diesem Zusammenhang vor großen Herausforderungen. Körper-Geist-Interventionen wie Taiji und Qi Gong könnten in diesem Kontext in der Zukunft eine entscheidende Rolle spielen, da viele Studien mittlerweile zeigen konnten, dass sie gleichzeitig auf eine Vielzahl körperlicher und geistig-seelischer Faktoren heilsam einwirken können. Als Methoden der aktiven Selbstfürsorge helfen sie nicht nur dem einzelnen Menschen, selbstbestimmt und unabhängig seine Gesundheit ganzheitlich zu erhalten oder eine Genesung nach einer Erkrankung zu unterstützen, sondern stellen auch eine besonders kosteneffektive Maßnahme der öffentlichen Gesundheitsfürsorge dar. Dies wird angesichts eines Gesundheitssystems, das zunehmend mit personellen und finanziellen Engpässen zu kämpfen hat, in Zukunft noch wichtiger werden. Ich bin daher davon überzeugt, dass Taiji und Qi Gong in Zukunft noch an gesellschaftlicher Bedeutung gewinnen werden. Wichtig wird es dafür u. a. sein, die genauen Einsatzfelder und mögliche therapeutische und präventive Mechanismen durch weitere Studien zu klären. Außerdem wird die Frage, wie sich Taiji und Qi Gong besser in das öffentliche Gesundheitssystem integrieren lassen, eine wichtige Rolle einnehmen.
Besonders beeindruckend fand ich an der Konferenz auch den Ansatz der Veranstalter, Wissenschaftler und Praktiker miteinander in einen Dialog zu bringen, um die Erforschung von Taiji und Qi Gong zu unterstützen und auch die Praxis weiterzuentwickeln.
 

Ich bin fest entschlossen, diese Entwicklung des Austausches zwischen Ost und West weiterhin zu unterstützen. Dazu werde ich auf der einen Seite die bestehenden Forschungen an der Uni Witten-Herdecke weiter unterstützen und auf der anderen Seite neue Kontakte aufbauen. Durch die Konferenz haben sich schon neue Forschungsprojekte zusammen mit einer Universität in den USA ergeben, und ich durfte einige internationale Größen aus der Taiji und Qi Gong Szene kennenlernen, mit denen ich im Austausch stehe, um die Entwicklung unserer Künste weiter voranzutreiben.

Ich bin sehr dankbar für die Erfahrungen und Erkenntnisse, die ich auf dieser Konferenz sammeln konnte, und freue mich darauf, meine Erkenntnisse in meiner weiteren Arbeit zu nutzen und zu teilen.

Offizielle Konferenzhomepage

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Tobias Puntke M.A.

Tobias Puntke M.A.

Sportwissenschaftler, 6. Duan und 2. Generation TaijiDao-System nach Großmeister Shen Xijing, 23. Generation der daoistischen Drachentorschule, Präsident und Europa-Cheftrainer der Europäischen TaijiDao Gesellschaft e.V., seit 35 Jahren mit ganzem Herzen auf dem Weg der daoistischen Künste, seit 25 Jahren hauptberuflicher Lehrer in diesem Bereich.

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